Der Tunnel
"This train is now ready to depart. Mind the closing doors. Stand clear of the closing doors. STAND CLEAR!" Die Londoner U-Bahn. Frisch geduscht, gut gefrühstückt und voller Tatendrang springt man morgens in seine Bahn. Und eigentlich könnte man darüber ein Buch schreiben. Wenn man nahezu täglich mit der "tube" unterwegs ist, erlebt man schon die komischsten Geschichten, sieht die verrücktesten Leute und kann sich innerlich einfach nur erfreuen. Nicht nur, dass jeder eine andere Art und Weise entwickelt hat, wie er es schafft noch möglichst viel mangelnden Schlaf auf dem Weg zur Arbeit nachzuholen, nein, es gibt auch die unterschiedlichsten Arten der Zeitüberbrückung. Da sieht man beispielsweise einen (vermutlich) Banker, der hektisch in seinem Smartphone die Emails checkt und beantwortet, neben einer jungen Frau, die es zeitlich nicht mehr geschafft hat sich zu Hause zu schminken. Neben einem selbst sitzt jemand, der das Legen des Kopfes auf nachbars Schulter als DIE perfekte Schlafposition entwickelt hat. Ich mein, bei der Enge der Sitze ist das auch nicht weiter verwunderlich, sogar verständlich! Bewundern tue ich die Leute, die es bei völliger Überfüllung, eingequetscht zwischen der Person, die in der Bahn frühstückt, einer anderen, die mich einer leichten Erkältung vor sich hin schnieft und unzähligen weiteren Menschen, schaffen, die Zeitung zu lesen und dabei völlig entspannt den Kaffee zu trinken! Ohne jegliche Bewegungsfreiheit versteht sich. Am sympathischsten sind diejenigen, welche ein Buch lesen oder Musik hören. Die sind ganz entspannt und nichts kann man ihnen anhaben. Aber es gibt auch die Sorte von Menschen, die genervt die Augen verdrehen, nur weil die Bahn 2 Minuten Verspätung hat. Wie genau würden solche Menschen Deutschland und die Bahn dort verkraften? Normalerweise kommt man hier an den Bahnsteig und die nächste Bahn kommt spätestens in 2 Minuten. So weit, so gut. Aber wehe, wenn dort 4 Minuten steht, da werden manche unter ihnen schon panisch. Angenommen, man muss auf seiner Reise umsteigen, so steigt man aus dem Wagen und findet sich in einem hektischen Getummel. Man weiß nicht, ob man die Person vor einem besser links oder rechts überholt und während man zu einer Richtung ansetzt, kommt dort jemand entgegen, der ohne Rücksicht draufhält und schnell knallts einfach mal. Hat man es dann zu den Rolltreppen geschafft, muss man sich in eine der Schlangen sortieren. Natürlich nach dem Motto "rechts stehen, links gehen". In der nächsten Bahn geht es dann wieder von vorne los und man verbingt weitere Minuten in gefühlten 30°C. Kommt man dann nach seiner längeren oder kürzeren Reise an der gewünschten Endstation an, hat das Getummel und alle anderen Hindernisse überwunden, fühlt man sich ausgelaugt, durchgeschwitzt, schmutzig und überhaupt nicht in der Lage etwas Produktives zu produzieren. Man ist einfach nur bereit für eine weitere Dusche.
Aber noch einmal kurz zurück zur Stehordnung auf den Rolltreppen. Die Briten fahren ja nun definitiv auf der falschen Seite. Folglich, überholt man auf Autobahnen die andere Autos auch rechts. Widersprüchlich dagegen ist dann die Anordnung auf der Rolltreppe. Man steht rechts und überholt links! Ich sehe das als geheime Zustimmung der Briten, dass sie tatsächlich auf der falschen Seite fahren!