Dienstag, 4. Dezember 2012
Resume
Wow, die letzten Tage in London sind angebrochen und bald geht es wieder nach Hause. Zum Weihnachtsfest, zum Glühwein, zur Familie. Leckeres Essen und besinnliche Stunden. Genau das, was man nach dem aufregene Großstadtleben gebrauchen kann! Das klingt so, als ob ich mich freue? Ja, das tue ich. Aber es gibt auch eine traurige Seite. Ich habe hier viele Bekanntschaften gemacht und neue Freundschaften geschlossen, Erfahrungen gesammelt und wunderbare Stunden verbracht. Es gab viel zu lachen und manchmal war es auch einfach zum Heulen. Aber das Leben in einer Metropole ist immer aufregend und ereignisreich. Es ist immer etwas los und einem kann nie langweilig werden. Ich habe die Spontanität genossen, mit der man von gleich auf jetzt die ursprünglichen Pläne umgeworfen hat, weil es irgendwo doch noch einen viel besseren Club, ein kulinarisch anspruchvolleres Restaurant, ein spannenderes Ereignis auf der Straße gab oder die Hausparty letztendlich viel geiler war als alles andere.
Es gibt so viele Geschichten, die im Hinterkopf bleiben, so viele Annekdoten und Erinnerungen, dass ich sie teilweise schon wieder vergessen habe.
Heute wurde mir die Frage gestellt: welcher war dein schönster Tag in London? Kein Ahnung. Es gab viele schöne, spannende und gute Tage. Jeder einzelne hatte etwas besonderes - sei es positiv oder negativ.
Das Leben in solch einer Stadt macht sie viel interessanter als nur das bloße Sightseeing. Man beginnt unglaublich schnell die Touristenpunkte zu meiden und lieber eigene Highlights zu entdecken. Die Bar, in der man auch um 3 Uhr nachts noch den allerbesten Burger bekommen kann (nein, keine der fastfood Ketten) und sich 30 Minuten Fahrt dafür lohnen! Die kleinen Clubs, in denen so unglaublich gute Bands spielen oder DJ's auflegen... was auch immer es ist, sowas entdeckt man wirklich nur, wenn man sich länger mit einer Stadt beschäftigt.
Ich freue mich euch alle bald wieder zu sehen und nochmal danke an alle, die mir ein Stückchen Heimat nach London gebracht haben durch Briefe, Karten, Anrufe oder wie auch immer.
Die letzten Tage sind noch einmal stressig. Hauptsächlich wegen Hausarbeiten, aber auch, weil man dann doch noch nicht alles gemacht hat und auf den letzten Drücker so viel wie möglich erledigen will. In diesem Sinne: bye bye.



Dienstag, 30. Oktober 2012
Seltsame Erfahrung
Ich habe grade eine Schreibblockade an der Hausarbeit, deshalb hier ein kleiner Schwank aus meinem Leben - von heute Morgen.
Nichtsahnend habe ich heute morgen meine Tasche gepackt, um mich auf den Weg in die Uni und anschließend zu einem netten Mädelsabend mit Wein und Schnulzfilmen zu machen (habe ich glaube ich das letzte mal vor 7 Jahren gemacht - ohne Wein natürlich). Leider musste ich feststellen, dass ich eingeschlossen war. In meiner eigenen Wohnung. Tolle Sache sowas. Vor Wochen schon habe ich festgestellt, dass die Briten an einem erhöhten Sicherheitsbedürfnis leiden. Man benötigt hier seinen Studentenausweis um einen Raum verlassen zu können. Hat man diesen also im Falle eines Brandes nicht dabei, PP - persönliches Pech.
Um auf das eigentliche Thema zurück zu kommen, an unserer Tür befindet sich eine Art Sicherheitsschloss. Wenn man es von innen verschließt, kann man es auch mit dem Schlüssel von außen nicht öffnen. Prinzipiell ne feine Sache. Heute habe ich dann herausgefunden, dass man es auch von innen nicht öffnen kann, wenn man es von außen verschließt. Sicherheit hin oder her - WARUM? Nach mehreren vergeblichen Nachrichten und Anrufen an meinen Mitbewohner (inzwischen ca. 45 Minuten vergangen), musste ein Plan B her. Fenster kann man hier - aus Sicherheitsgründen - nur ca. 15cm öffnen, es könnte ja jemand hinausfallen. Springen wollte ich aus dem ersten Stock sowieso nicht, aber ich wollte versuchen Aufmerksamkeit zu erregen. Versucht das mal, durch einen Spalt von 15cm, an einer Straße, auf der nix los ist und der Tatsache, dass auf Grund eines Baumes dich sowieso kaum einer sieht (Zeit: 1h 15min in eigenem Gefängnis). Also, warte ich doch einfach auf den Postboten, der ja hoffentlich an der Tür vorbei kommt. Ich warte und warte und warte... dabei inspiziere ich nochmals das Fenster und meine äußerst technische Begabung ermöglicht es mir, die Achillesferse des Fenster zu enttarnen (ich danke an dieser Stelle meinem Vater für die Vererbung handwerklicher Fähigkeiten). Durch ein paar Handgriffe und geschickte Anwendung von Werkzeug (zweckentfermdete Haushaltsgegenstände - Werkzeug braucht man nicht in der Wohnung) gelang es mir dann das Fenster komplett zu öffnen. Der nächst beste Passant musste dann leider dran glauben. Verwirrt starrte er mich an, kam dann aber doch zur Wohnung hoch. Ich reichte die Schlüssel durch den Briefkasten und er entließ mich in die Freiheit. 2h 15min waren vergangen und ich konnte endlich aus meiner eigenen Wohnung ausbrechen.
Mein Mitbewohner hat sich bis jetzt - 6h nach meiner Flucht - noch nicht bei mir gemeldet. Ich nehme es mit Humor, schließlich war es warm und trocken. Dennoch eine Erfahrung, die ich nicht gern noch einmal machen möchte.



Mittwoch, 17. Oktober 2012
Der Tunnel
"This train is now ready to depart. Mind the closing doors. Stand clear of the closing doors. STAND CLEAR!" Die Londoner U-Bahn. Frisch geduscht, gut gefrühstückt und voller Tatendrang springt man morgens in seine Bahn. Und eigentlich könnte man darüber ein Buch schreiben. Wenn man nahezu täglich mit der "tube" unterwegs ist, erlebt man schon die komischsten Geschichten, sieht die verrücktesten Leute und kann sich innerlich einfach nur erfreuen. Nicht nur, dass jeder eine andere Art und Weise entwickelt hat, wie er es schafft noch möglichst viel mangelnden Schlaf auf dem Weg zur Arbeit nachzuholen, nein, es gibt auch die unterschiedlichsten Arten der Zeitüberbrückung. Da sieht man beispielsweise einen (vermutlich) Banker, der hektisch in seinem Smartphone die Emails checkt und beantwortet, neben einer jungen Frau, die es zeitlich nicht mehr geschafft hat sich zu Hause zu schminken. Neben einem selbst sitzt jemand, der das Legen des Kopfes auf nachbars Schulter als DIE perfekte Schlafposition entwickelt hat. Ich mein, bei der Enge der Sitze ist das auch nicht weiter verwunderlich, sogar verständlich! Bewundern tue ich die Leute, die es bei völliger Überfüllung, eingequetscht zwischen der Person, die in der Bahn frühstückt, einer anderen, die mich einer leichten Erkältung vor sich hin schnieft und unzähligen weiteren Menschen, schaffen, die Zeitung zu lesen und dabei völlig entspannt den Kaffee zu trinken! Ohne jegliche Bewegungsfreiheit versteht sich. Am sympathischsten sind diejenigen, welche ein Buch lesen oder Musik hören. Die sind ganz entspannt und nichts kann man ihnen anhaben. Aber es gibt auch die Sorte von Menschen, die genervt die Augen verdrehen, nur weil die Bahn 2 Minuten Verspätung hat. Wie genau würden solche Menschen Deutschland und die Bahn dort verkraften? Normalerweise kommt man hier an den Bahnsteig und die nächste Bahn kommt spätestens in 2 Minuten. So weit, so gut. Aber wehe, wenn dort 4 Minuten steht, da werden manche unter ihnen schon panisch. Angenommen, man muss auf seiner Reise umsteigen, so steigt man aus dem Wagen und findet sich in einem hektischen Getummel. Man weiß nicht, ob man die Person vor einem besser links oder rechts überholt und während man zu einer Richtung ansetzt, kommt dort jemand entgegen, der ohne Rücksicht draufhält und schnell knallts einfach mal. Hat man es dann zu den Rolltreppen geschafft, muss man sich in eine der Schlangen sortieren. Natürlich nach dem Motto "rechts stehen, links gehen". In der nächsten Bahn geht es dann wieder von vorne los und man verbingt weitere Minuten in gefühlten 30°C. Kommt man dann nach seiner längeren oder kürzeren Reise an der gewünschten Endstation an, hat das Getummel und alle anderen Hindernisse überwunden, fühlt man sich ausgelaugt, durchgeschwitzt, schmutzig und überhaupt nicht in der Lage etwas Produktives zu produzieren. Man ist einfach nur bereit für eine weitere Dusche.
Aber noch einmal kurz zurück zur Stehordnung auf den Rolltreppen. Die Briten fahren ja nun definitiv auf der falschen Seite. Folglich, überholt man auf Autobahnen die andere Autos auch rechts. Widersprüchlich dagegen ist dann die Anordnung auf der Rolltreppe. Man steht rechts und überholt links! Ich sehe das als geheime Zustimmung der Briten, dass sie tatsächlich auf der falschen Seite fahren!